Wie gehe ich mit trauernden Kindern und Jugendlichen um?

Während der Begleitung

  • Das Kind/den Jugendlichen immer einbeziehen! „Wie geht es dir heute?“
  • Gespräch mit der ganzen Familie anregen und moderieren. Wichtig ist es, über Angst und Sorgen und auch über das Sterben zu sprechen, z. B. mit Fragen wie:
    • Wie wird es sein, wenn die Mama/der Papa stirbt?
    • Wo bist du dann?
    • Tut das weh?
  • Keine Verniedlichungen benutzen! Begriffe wie „Einschlafen“ „Erlösung“ „Heimgehen“ können bei Kindern Verwirrung und Angst und bei Jugendlichen Aggressionen auslösen. Es geht um das Sterben und den Tod, nicht um das nächste Mittagessen.
  • Das Kind, der Jugendliche muss die Möglichkeit bekommen, mit dem Sterbenden/der Sterbenden allein zu sein. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass sich
    • ein Erwachsener im Hintergrund befindet
    • jederzeit eine Rückzugsmöglichkeit besteht.
  • Wenn Kontakte mit dem oder der Sterbenden vom Umfeld verhindert werden:
    • Gespräch mit den Erwachsenen führen
    • Nach eigenen Kindheitserfahrungen fragen.
  • Wenn mehrere Kinder in der Familie sind, führen Sie ein Gespräch mit allen zusammen und Fragen stellen wie:
    • wie ist das für dich dass dein Vater/deine Mutter stirbt?
    • Was tust du, wohin gehst du, wenn du traurig bist?
  • Es kommt immer wieder vor, dass auch Geschwisterkinder das Gefühl haben, als einzige zu leiden. Sie tauschen sich oft nicht untereinander aus. Es ist Ihre Aufgabe
    • den Austausch zu ermöglichen und dadurch
    • ein Gefühl des „Wir haben uns“ zu erreichen.
  • Fragen des Kindes/Jugendlichen müssen ehrlich beantwortet werden. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass
    • das Entwicklungsniveau des Kindes beachtet wird
    • Sprache gebraucht wird, die dem Kind Sicherheit gibt
      • Beispiel schlecht: „Der Tumor kann platzen, dann ist überall Blut“
      • Beispiel gut: „Es kann passieren, dass der Tumor sich öffnet. Dann ist Dr. E. aber da und kümmert sich darum."

Nach dem Sterben

  • Kinder und Jugendliche sollten an der Trauerfeier teilnehmen. Wenn ein Kind auf gar keinen Fall hingehen möchte, sprechen Sie mit dem Kind über die Gründe. Oft haben Kinder so große Angst vor der Situation, dass sie deswegen nicht mit möchten.
  • Bedenken Sie, dass das Ritual der Trauerfeier von Jugendlichen oft nicht als Tost erlebt wird. Der anschließende Leichenschmaus ist für Erwachsene hilfreich und tröstend, für Kinder und Jugendliche ein Familienfest, das nicht in Zusammenhang mit dem Sterben gebracht wird und für Jugendliche oft eine „verlogene“ Veranstaltung, bei der gelacht und getrunken wird.
  • Entwickeln Sie mit dem Jugendlichen ein eigenes Abschiedsritual und beziehen Sie die Freunde des Betroffenen mit ein. Mögliche Ansätze für Trauerrituale sind:
    • einen Brief an die/den Verstorbenen schreiben
    • einen Erinnerungsbaum pflanzen
    • mit dem Betroffenen alleine zum Friedhof gehen und noch einmal Abschied nehmen
  • Helfen Sie dem Trauernden, das Andenken an den Verstorbenen zu bewahren
    • eine Trauerecke einrichten
    • den Platz des Verstorbenen am Esstisch freihalten
    • Rituale beibehalten, z. B. weiterhin jeden Abend einen Tee trinken, so wie ihn der Vater immer zubereitet hat

In der Trauerbegleitung
Die Trauerbegleitung beginnt bereits beim Erstkontakt, nicht erst, wenn der Kranke zum Verstorbenen geworden ist.

  • Sie sollten direkt beim Erstkontakt sagen, warum der Jugendliche da ist bzw. warum Sie da sind.
    • „Deine Mutter macht sich Sorgen“
    • „Deine Leistungen in der Schule haben nachgelassen“
    • „Dein Vater hat mich angerufen, weil du oft so aggressiv bist und er sich Sorgen macht“
    • „Deine Lehrerin hat den Kontakt hergestellt“
  • Dem Kind oder Jugendlichen zuhören und zwar immer wieder.
  • Sie verwenden am besten Ich-Botschaften, stellen direkte Fragen und handeln direkt. Formulierungen für Jugendliche können sein:
    • Wie geht es dir?
    • Wie kommst du im Moment zurecht?
    • Wie trauerst du?
    • Wenn ich mir vorstelle, in deiner Situation zu sein, wäre ich wirklich sehr traurig.
    • Was brauchst du? Was tut dir im Moment gut, was nicht?
    • Wobei fehlt er/ sie dir am Meisten? Gibt es jemand in der Familie (Patentante/Onkel Cousin) etc. der das mit dir machen könnte?
      • Falls der Jugendliche nicht darauf eingeht, das so stehenlassen und nicht dagegen reden.
  • Kinder sollten Sie genau beobachten und Kontakt über ein Spiel oder gemeinsame Aktivität aufnehmen. Dabei ist es besonders wichtig, achtsam zuzuhören und zu beobachten, wie das Kind sich verhält. Wenn das Kind nicht redet, können Sie ein Gespräch beginnen:
    • Ich weiß, dass dein Papa gestorben ist.
    • Auf dem Spielplatz bist du mit der Mama auch oft gewesen oder? Macht dich das traurig?
    • Was machst du, wenn du ganz traurig bist?
  • Falls das Kind kein Gespräch möchte, bzw. ausweicht, gehen Sie der Tätigkeit wie vorher nach und probieren es später noch einmal. Bitte beobachten Sie genau und prüfen Sie bei sich selbst, ob Sie zu einem Gespräch bereit sind. Kinder sind sehr feinfühlig.
  • Für Jungen, deren Vater gestorben ist, ist es besonders wichtig, Kontakt zu Männern zu haben (Onkel, Trainer im Fußballverein usw.)
  • Gespräche mit Jungen besonders während Aktivitäten und eher beiläufig führen (z. B. beim Spaziergang).
  • Machen Sie konkrete Hilfsangebote, wie z.B.
    • Ich kann mit deiner Mutter, Clique, Lehrerin sprechen
    • Wie kann ich dich konkret unterstützen?
  • Machen Sie nur Angebote, die Sie auch einhalten können und wollen.
  • Sie müssen immer fragen, ob das Kind oder der Jugendliche gegessen und getrunken hat. Oftmals wird das in der Trauerzeit vergessen.

Stellen Sie den Trauernden in den Mittelpunkt, nicht den Verstorbenen oder die Sorgen der Angehörigen.

Hier können Sie das Merkblatt als pdf herunterladen.

Empfehlungen für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen vor und nach dem Tod eines Elternteils

Wenn möglich, das Thema Sterben vor dem Tod des sterbenden  Elternteils ansprechen: Dicht an der Realität bleiben, ohne die Hoffnung zu zerstören. Mit dem Tod eines Elternteils ändert sich für Kinder alles. Ziel ihrer Betreuung muss deshalb sein, ihnen möglichst viel Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit zu vermitteln. Prinzipiell sollte es Kindern möglich sein, Abschied vom Sterbenden zu nehmen, wenn die Umstände nicht zu belastend sind. Wenn ein Kind an der Beerdigung teilnehmen will, sollte es eine Begleitung haben, die ihm zuhört und alles erklärt. Kinder können sich für den Todesfall verantwortlich fühlen. Trauer kann ihre Schulleistungen beeinträchtigen. Das muss behutsam zur Sprache kommen.